„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun."
Rede des Fraktionsvorsitzenden Dr.Gerhard Krause zu TOP 5
(Beratung und Beschlussfassung über den Haushalt 2006) der Sitzung des Rates am 28.2.2007
An dem Entwurf der Haushaltssatzung für 2007 ist eigentlich nur Eines zu bemängeln: Er ist so undramatisch, dass er kaum Ansatz für Auseinandersetzungen bietet. Das haben unsere internen Fraktionsberatungen genauso gezeigt wie die nicht stattgehabten Diskussionen in den vorbereitenden Ausschusssitzungen. Wir wissen nicht, welche Auseinandersetzungen es innerhalb der Verwaltung im Vorfeld gegeben hat, bis uns dieser Planentwurf vorgelegt werden konnte. Das Ergebnis jedenfalls zeigt uns noch einmal die Kunst unseres Kämmerers im hellsten Licht – den Ausgleich zwischen Forderung und Wirklichkeit so herzustellen, dass beides zur Deckung kommt und fast niemand enttäuscht ist.
Der Zündstoff aber, der uns auf den Tisch gelegt worden ist, liegt in der Finanzplanung für die Folgejahre, die zwar nicht verbindlich umgesetzt werden muss, die uns aber die finanziellen Auswirkungen der Projekte zeigt, die wir uns zur Bearbeitung vorgenommen haben.
Die zukünftige Unterbringung der Verwaltung wird wesentlich mehr kosten als noch im Investitionsprogramm 2006 veranschlagt. Statt 2,57 Mio€ sind nun 3,79 Mio€ vorgesehen – dies ist der Betrag, den eine kürzlich vorgelegte Studie einer Architektengruppe für ein zentrales Rathaus (ohne Herrichtung und Erschließung des Grundstücks) geschätzt hat. Beim Vergleich mit anderen vergleichbaren Projekten in anderen Gemeinden erscheint der neue Ansatz schon realistischer, aber immer noch recht niedrig.
Er liegt aber deutlich über einer Schätzung für den Aus- und Umbau der beiden vorhandenen Rathäuser. Nur diese Lösung liefert aber einen Beitrag zur Erhaltung und Aufwertung der Substanz der Innenstädte. Dafür zu sorgen, halten wir für eine gesellschaftspolitische Verpflichtung der gewählten Vertreter der Bürgerschaft, und wir dürfen uns dieser Verpflichtung nicht entledigen, indem wir sie in die Hände von Unternehmen legen. Eine „Neue Mitte“, wie sie neuerdings schon einmal in Reden von Mitarbeitern der Verwaltung herumspukt, saugt auch die letzte Attraktivität aus den Zentren noch ab und lässt sie endgültig sterben. Überall in Deutschland wird versucht, Fehler der Vergangenheit, die die Innenstädte zu Steinwüsten haben verkommen lassen, wieder rückgängig zu machen – in Isselburg gehen die Uhren noch andersherum.
Als Grundlage jeglicher Ausbauplanung ist ohnehin eine Analyse der Aufbau- und Ablauforgánisation notwendig, um die Geschäftsprozesse zu optimieren, den langfristigen Bedarf an Verwaltungspersonals und so schließlich den Raumbedarf zu ermitteln. Auf Basis einer solchen Analyse kann auch die Frage beantwortet werden, ob und wenn ja, welche Nachteile mit der Aufteilung des Verwaltungspersonals auf zwei Standorte verbunden sind. Bisher gibt es darüber nur Mutmaßungen, die aber nicht als Entscheidungshilfe geeignet sind.
Investitionsmittel für ein Feuerwehrgerätehaus Isselburg sind erst für 2010 vorgesehen. Wir verfügen seit Kurzem über eine fundierte Standortanalyse, in der die in Frage kommenden Standorte aus feuerwehrtechnischer Sicht bewertet sind. Es ist nicht einzusehen, warum es bis zur längst überfälligen Beseitigung der unhaltbaren Zustände im jetzigen Gerätehaus noch mehr als 3 Jahre dauern muss. Mit dem Verwaltungsstandort sind wir noch nicht einmal so weit und wollen schon 2008 anfangen zu bauen! ....
Der Ausbau der Kläranlage wird den Haushalt in den kommenden Jahren stark belasten und auch den einzelnen Bürger hart treffen, da eine Erhöhung der Abwassergebühren unvermeidlich sein wird. Zu umgehen ist er nach allem, was wir wissen, nicht. Das vorgelegte Ausbaukonzept von 14000 auf 19000 Einwohnergleichwerte in einem Schritt ist technisch vernünftig. Das wird allerdings vorübergehend zu Überkapazitäten führen – und Überkapazitäten kosten Geld. Deswegen sollten wir uns sorgfältig überlegen, wann wir den Ausbau in Angriff nehmen. Bevölkerung und Gewerbe nehmen nicht sprunghaft zu.
Damit komme ich zum nächsten Thema.
Bevölkerungszunahme kann kurzfristig nur durch Wanderungsgewinne entstehen, da ein hoher Geburtenüberschuss nicht in Sicht ist.. Zuwanderer brauchen Wohnraum z.B. in Form von Eigenheimen, und da stehen wir vor der Situation, dass wir außer einigen noch freien Grundstücken im Hof Bröring Bauwilligen städtischerseits keine Grundstücke anbieten können. Wir brauchen schnellstmöglich ein von allen Parteien getragenes Bodenmanagement, dass interessierten Grundeigentümern Planungssicherheit gibt und der Stadt die Möglichkeit, entstehende Gewinne für den Ausbau der Infrastruktur einzusetzen.
Wir bitten die Verwaltung eindringlich, uns für Isselburg geeignete Modelle eines Bodenmanagements vorzustellen.
Im Passhof II geht z.Z. nichts. Die Erschließung von Linders Feld lässt auf sich warten. Beide Gebiete sind so groß, dass sie nur abschnittsweise erschlossen werden können. Daraus folgt das Problem, dass die Erschließungsanlagen für die ersten Teilgebiete hohe Vorhaltekosten enthalten und der Erschließungsträ-
ger lange warten muss, bis er in die Gewinnzone kommt. Baugebiete wie Tichelbruch, Schievekampsbusch und Hof Bröring waren unter diesem Gesichtspunkt ideal, die Nonnenmathe wäre ebenfalls ideal, wenn es da nicht andere Probleme gäbe. Wir müssen andere Lösungswege zu einem kontinuierlichen Baulandangebot in den Ortsteilen suchen. Das wird eine der ersten und vordringlichen Aufgaben des Planungs- und Vergabeausschusses sein, dessen Einsetzung der Rat kürzlich beschlossen hat.
Sorgen bereitet der stockende Fortgang bei der Erweiterung des Gewerbegebiets Heelden Wir laufen Gefahr, den derzeitigen Investitionsboom zu verpassen, weil Interessenten sich von Isselburg abwenden. Die Gründe dafür sind schwer nachvollziehbar. Ich frage mich, ob in anderen Ländern Europas nicht pragmatischer mit dem Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie umgegangen wird. Das Gewerbegebiet Heelden spielt eine zentrale Rolle in unserem Bestreben, das Gewerbesteueraufkommen langfristig konjunkturunabhängig zu stabilisieren, indem wir dort Betriebe verschiedener Branchen ansiedeln, und es spielt vor allem eine zentrale Rolle in unserem Bemühen, die Menschen an unsere Stadt zu binden, indem sie hier auch Arbeit finden.
Unsere Stadt ist lebenswert für Jung und Alt. Sie ist so klein, dass sich hier niemand verloren vorkommen muss und hält durch das eigene Kulturschaffen und ihre Nähe zu den Nachbarstädten doch alle Angebote einer Mittelstadt bereit. Ihre touristischen Angebote stehen auch den eigenen Einwohnern zur Verfügung. Das sind die Pfunde, mit denen wir wuchern müssen. Neben Arbeitsplätzen und Wohnstätten sind es vor allem kinder- und jugendfreundliche Einrichtungen, die Familien in unsere Stadt ziehen. Wir unterstützen die Bildung eines Bündnisses für Familie, denn es gibt in der Tat viele Vereine und Organisationen, die sich mit Kinder- und Jugendarbeit beschäftigen, deren Tätigkeit bei sinnvoller Koordination noch wirkungsvoller sein könnte. Den Vorschlag, frischgebackenen Eltern einen Willkommensgruß für das Neugeborene zu überreichen, verbinden wir die Absicht, die Eltern auf dieses vielfältige Angebot aufmerksam zu machen. Wir hoffen, dass sich in Kürze Mitglieder aller Fraktionen mit den Anbietern zusammensetzen, um den „Willkommensgruß“ zu schreiben.
Unser Bürgermeister hat seiner Haushaltsrede ein Zitat vorangestellt, das Molière zugeschrieben wird: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ – übrigens eines der meistgebrauchten Zitate der Weltliteratur: Auf die Eingabe dieser Wortfolge spuckt Google 1,6Mio Treffer aus!
Leider gibt es auch einige Dinge, die wir nicht tun.
Die Minervastraße ist so ein Ding. Im letzten Jahr hatte ich mich auf das Straßenfest gefreut, das zur Fertigstellung ihrer Verschönerung steigen wird.
Nun wird es wohl erst mal ein Straßenfest geben, wenn die Leitungsbauer abziehen. Das haben die Anwohner auch verdient! Hätte man uns über das Ausmaß der Bauarbeiten vorher reinen Wein eingeschenkt, hätten die Kollegen der anderen Fraktionen unseren Vorschlag, im Haushalt Gelder für die Nutzung von Synergieeffekten bereitzustellen, wohl nicht so leichthin abgelehnt. Jetzt haben wir am Ende vielleicht ordentlich geflickte Gehwege, eine geflickte Fahrbahn und drei Amberbäume weniger, aber immer noch die alte Minervastraße. Wenn man seitens der Verwaltung die Planerin der verschönerten Straße mit den Planern der Wasserwerke Wittenhorst zusammengebracht hätte, wäre bestimmt etwas herausgekommen für die zukünftige Gestaltung. So aber erinnert das Stück fatal an einen Schildbürgerstreich. Einen Vorteil sehe ich: Wenigstens können wir jetzt in den kommenden 4 Wochen in Ruhe prüfen, wie sich eine Umgestaltung der Minervastraße zur Fußgängerzone auswirken würde. Aber im Ernst:
Wir wollen abwarten, ob in diesem Jahr die Fördermittel flie0en. Sollten die Zuschüsse jedoch wiederum ausbleiben, werden wir uns bei den nächsten Haushaltsberatungen dafür einsetzen, dass im kommenden Jahr unabhängig von einer Förderzusage mit den Umbauarbeiten begonnen wird.
Ein anderes Ding, das wir (noch) nicht tun, ist die Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements 2008, wie uns der Bürgermeister völlig überraschend in seiner Haushaltsrede mitgeteilt hat. Es mag sein, dass es gute Gründe gibt, die Einführung zu verschieben. Die Gründe, die der Bürgermeister genannt hat – „neuere Erkenntnisse der verantwortlichen Mitarbeiter“ - hören sich ohne nähere Erläuterung aber nicht sehr überzeugend an. Wir haben in zwei Informationsveranstaltungen gehört, dass die Einführung auch Chancen zur Verbesserung bietet. Auf die müssen wir jetzt leider auch ein Jahr länger warten. Wir möchten doch sehr darum bitten, dass uns der Kämmerer auf der nächsten Ratssitzung ausführlich über den Stand der Vorbereitungen und den weiteren Zeitablauf informiert.
Auf der Niederstraße in Anholt ist die Situation unverändert gefährlich. Wir hoffen sehr, dass uns der Vortrag beim Bau- und Umweltausschuss Wege zur Problemlösung eröffnet. Immerhin finden wir es gut, dass die Stadtverwaltung sich schon kräftig für die Verkehrssicherheit einsetzt! Sie hat soeben u.a. Bundestags- und Landtagsabgeordnete angeschrieben und sie gebeten, sich für den Bau von Kreisverkehren auf der B67 an den Kreuzungen mit der Provinzialstraße und der Milinger Straße einzusetzen. Ich darf Ihnen mitteilen, dass der CDU – Generalsekratär Hendrik Wüst Ihrem Wunsch bereits entsprochen hat und beim Verkehrsminister Wittke vorstellig geworden ist. Wir alle wissen, dass der Bau eines Kreisverkehrs an der Milllinger Straße dringend geboten ist, wenn dort der Kreuzungsverkehr wegen einer Teilsperrung der Niederstraße zunehmen sollte. Ich habe also die zaghafte Hoffnung, dass sich hier tatsächlich etwas bewegt hat. Aber vielleicht hat der Bürgermeister noch weitere Informationen, über die er uns im Bau- und Umweltausschuss berichten will.
In der Vorbereitungsphase des diesjährigen Haushalts ist mehrfach die Aussage gemacht worden, dass „Isselburg im guten Mittelfeld“ liege – sei es bei den Ab-
wassergebühren, bei der Verschuldung pro Einwohner oder bei den Personalkosten. Speziell zu den Personalkosten findet sich auf S.171 des Haushaltsentwurfs die Feststellung, dass Isselburg mit 262,08€ pro Einwohner erneut deutlich unter einem Durchschnittswert 296€ pro Einwohner für Gemeinden vergleichbarer Größe lag. Das ist schön, meine Damen und Herren, aber es sollte uns nicht reichen, Mittelfeld zu sein. Im Mittelfeld zu liegen, heißt immer, dass es Bessere gibt, und wir sollten versuchen, herauszufinden, warum die Besseren besser sind. Kennzahlen, die sich für Isselburg im Haushaltsquerschnitt finden, reichen allein zur Beurteilung natürlich nicht aus, aber mit Hilfe von Kennzahlen können wir Ansatzpunkte für Verbesserungen finden. Wir werden die Verwaltung bitten, mit uns die Kennzahlen anderer Gemeinden, die beim Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik abrufbar sind, durchzusehen, um solche Ansatzpunkte auszumachen..
Meine Damen und Herren, die Dramatik der uns vorgelegten Entwürfe, die wir beschließen sollen, liegt nicht in der Haushaltssatzung, sondern im Investitionsprogramm. Seine Bearbeitung wird uns noch viele Stunden auch kontroverser Diskussionen bescheren.. Lassen wir uns aber davon nicht schrecken, sondern: Packen wir’s an!
Die CDU – Fraktion wird den vorgelegten Entwürfen der Haushaltssatzung, des Stellenplanes und des Investitionsprogrammes zustimmen.